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Topmanager wissen, dass sie einen Preis für ihren Beruf zu zahlen haben.

Worauf es beim Coachen der Chefetage wirklich ankommt.


1. Coaching für alle, aber nicht für die Chefetage

Die Autoren Thorborg und Brungs haben im Manager Magazin 2019 über die Sinnhaftigkeit und Eignung des Coachings, insbesondere auf Topmanagement-Ebene, diskutiert. Trotz der sehr weit verbreiteten Nutzung von Coachingangeboten durch die Unternehmen ist die Akzeptanz und Nachfrage auf den Chefetagen für die eigenen Bedarfe immer noch sehr gering.   Warum ist das so und was muss Coaching leisten, um im Topmanagement Akzeptanz zu finden, soll nachfolgend herausgearbeitet werden.

Der Hauptgrund für die mangelnde Nachfrage liegt nicht im Coaching-Handwerkzeug selbst. Die etablierten Coachingansätze aus der Transaktionsanalyse oder dem systemischen Ansatz sind bewährt und ausgereift. Ihre zumindest potenzielle Wirksamkeit ist unbestritten. Viele Topmanager haben in früheren Phasen ihrer Karriere auch mit Coaches zusammengearbeitet. Sie sehen diese Begleiter aber offensichtlich als nicht ausreichend qualifiziert für die Herausforderungen auf der Top-Ebene an.  Die Gründe dürften letztlich an den Karriere- und Geschäftsmodellen der Coaching-industrie sowie an den Erwartungen der Kundenseite selbst liegen.

Die Mehrzahl der Coaches steigt bald nach einem Psychologiestudium in die Coachingpraxis ein. Sie verbringen einen wesentlichen Teil ihres Berufslebens im großen Markt der Coachingnachfrage für Mitarbeiter und Führungskräfte sowie der Durchführung von Teamentwicklungen und Seminare. Einige Coaches schaffen es über die Zeit auch, Mandate und Reputation auf der Top-Ebene aufzubauen. Quereinsteiger nach längerer Industrieerfahrung und vor allem mit Führungspraxis sind deutlich unterrepräsentiert. Jenseits der 40 können nur noch selten 10 oder 15 Jahre investiert werden, um sich in der Coachingwelt hochzuarbeiten. Coaches mit eigener Topmanagementpraxis sind deshalb die Ausnahme.

Dieses Angebot stößt auf eine Nachfrage nach standardisierten wie skalierbaren Angeboten für Nachwuchskräfte, Fach- und Führungskräfte aller Ebenen, außer der Top-Etage. Der Markt schafft sich so einen bestimmten Typus von Coaches und Coachingdienstleistungen maßgeblich selbst. Coaches als Selbständige richten sich in ihrer eigenen Beratungspraxis und Geschäftsentwicklung nach ihren Kunden.

2. Das klassische Business Coaching stößt im Topmanagement an seine Grenzen

Business Coaching ist eine prozessorientierte begleitende Beratung von Mandanten in beruflichen Kontexten. Im Ergebnis des Coachings sollte der Coachee in seiner Organisationsrolle gestärkt sein und die Bandbreite seiner möglichen Handlungsoptionen erweitert haben. Der Coach steuert durch systematisches Hinterfragen den inneren Meinungsbildungsprozess seines Coachees. Er unterbreitet in aller Regel keine eigenen Lösungsvorschläge. Dieser Arbeitsmodus braucht Zeit. Auf Topmanagement-Ebene greift dieser Arbeitsansatz in aller Regel jedoch zu kurz. Er ist zunächst methodenbedingt zu langsam. Um mit dem Tempo auf Top-Ebene mitzuhalten, ist neben dem eigentlichen Coachingwerkzeug zusätzliches Wissen notwendig: Eine klare Vorstellung davon, was die Organisationsrolle eines Topmanagers ausmacht und wie hier Entscheidungen getroffen werden. Kurz: Der Coachee hat keine Zeit dem Coach erst zu erklären, auf was es in der Chefetage wirklich ankommt. Der Coachingprozess muss Lösungsorientierung vor Methodenorientierung stellen.

3. Topmanagement – ein ganz eigenes Berufsbild

Das Tätigkeitsprofil von Führungskräften in Organstellung (Vorstände, Geschäftsführer) bildet ein zwar nicht formales, aber faktisch eigenes „Berufsbild“, welches zudem über alle Branchen hinweg eine hohe Anhänglichkeit aufweist. Zentrale Merkmale sind: der zeitlich befristete Dienstvertrag, die Vereinbarung von Zielen mit Gremien, deren Umsetzung delegiert werden muss, ein Maximum an inhaltlicher und sozialer Komplexität, umfangreiche rechtliche Kontexte und ein großer Anteil an Politik und Machtdynamik. Vorstände oder Geschäftsführer von größeren Unternehmen sind üblicherweise im letzten Abschnitt ihrer Berufsbiografie angelangt. Ein zurück ins Mittelmanagement ist, im Falle eines Scheiterns, nicht mehr möglich.

Zur Realität des Topmanager-Berufs gehört es heute auch, anonymen Strafanzeigen oder gar Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden ausgesetzt zu sein. Viele langjährige Manager in Organstellung erleben diese belastenden Vorgänge auch wiederholt. 

Das Entscheidungsverhalten ist daher entsprechend angepasst: hoch intuitiv Risiken und Chancen abwägend, sehr schnell und immer die politisch-kommunikative Wirkung im Blick behaltend. Der Topmanager muss strategisch immer in den Restriktionen seiner Vertragslaufzeit denken.

4. Was vom Coaching im Top-Management erwartet werden darf und muss

Um Topmanager in ihrer Rollenkompetenz zu stärken und sie bei konkreten Entscheidungsfragen zu unterstützen, muss der Coach wissen, was die Rolle eines Topmanagers ausmacht und wie Entscheidungen auf dieser Ebene vorwiegend getroffen werden. Fragen zur Persönlichkeitsentwicklung oder Mitarbeiterführung sind üblicherweise keine Themen im Coaching mehr. Ähnliches gilt für Sinnfragen. Topmanager wissen, dass sie einen Preis für ihren Beruf zu zahlen haben. Was sie brauchen ist Unterstützung, um ihre Ziele zu erreichen, ohne sich dabei in Nebenschauplätzen zu lange aufzuhalten.

Vielmehr geht es um konkrete Businessherausforderungen: Topmanager benötigen in aller Regel Unterstützung bei Umsetzungsfragen ihrer (eigenen) mit den Gremien vereinbarten Strategie. Hinzu können Konflikte im Kollegium oder Fragen der Steuerung des Aufsichtsgremiums kommen. Eigene taktische wie strategische Karrierefragen sind eng mit den Businessthemen verknüpft und müssen integriert durchdacht werden.

Ein allein über Fragen aus dem Coaching-Toolset gesteuerter Prozess kann diesen Themenstellungen nicht gerecht werden. Der Coachee erwartet aus jeder Sitzung unmittelbare Handlungsklarheiten und Ergebnisse. Wirksames Topmanagement-Coaching muss daher hochflexibel zwischen den eigentlichen Coachingmethoden und konkreten Handlungsempfehlungen/ Orientierungen situativ wechseln können und ähnlich intuitiv und zügig Arbeiten, wie der Coachee selbst.

Ein auf Augenhöhe tätiger Coach sollte als Grundvoraussetzung daher mit Sprache und Kultur der Chefetage vertraut sein. Er benötigt dazu vertieftes Wissen über Leadership und Machtausübung in Organisationen, Boardroom Psychology sowie eine eigene relevante Strategieumsetzungskompetenz.

5. Für die Auswahl seiner Berater ist der Topmanager selbst verantwortlich

Topmanagement-Jobs sind 24/7 Jobs. Ohne ein hohes Maß an natürlicher Resilienz und Eigensteuerung ist eine längere Standzeit ausgeschlossen. Dennoch besteht auch auf dieser Ebene Bedarf an Reflektion und emotionaler Verarbeitung. Im Grundsatz gilt auch bei der Wahl eines Coaches: der Manager ist für die Wahl seiner Berater selbst verantwortlich. Es sind, wie bei der Suche nach Schlüsselmitarbeitern auch, Eigeninitiative, Geduld und eine klare Vorstellung des Profils notwendig. Das gilt insbesondere dann, wenn die Personaler mit der Suche nach geeigneten Kandidaten beauftragt werden sollten.

Vielfach ziehen Topmanager indes Personen aus ihrem privaten Umfeld oder professionelle Persönlichkeiten aus ihrem Lebensweg ins Vertrauen. Das ist grundsätzlich nachvollziehbar und auch richtig. Allerdings bedeutet das auch den Verzicht auf eine methodisch abgesicherte Begleitung. Freundschaftliche Beziehungen können das nicht ersetzten.

Bei der Suche und Auswahl eines professionellen Coaches ist es letztlich zweitrangig, ob der Coach eine eigene langjährige Topmanagementexpertise vorweisen kann oder ob er als Coach bereits seit längerem auf der Top-Ebene tätig ist. Ob der potentielle Coach ein souveränes Verständnis der Top-Management Welt mitbringt wird bereits in den ersten 5 Minuten eines Kennenlerngesprächs offensichtlich. Nur darauf kommt es an.

Sie sind an einem CEO-Coaching interessiert? Dann nehmen Sie mit mir Kontakt auf.